Irgendwas ist ja immer!
Da hat man gerade noch gedacht, dass der Wagen endlich mal durchrepariert ist – und schon knackt es beim langsamen Vorwärtsfahren in den Kurven. Die Antriebswellen oder auch Gelenkwellen unserer Autos sind eigentlich auf Lebensdauer entwickelt worden. Da sich die Dauer eines Autolebens und die Behandlung aber bei jedem anders definiert, können die Wellen natürlich auch kaputt gehen. Wir bauen heute einmal zwei Stück von einem frontgetriebenen Citroën aus.
Vorsorge:
Wir sind uns hoffentlich einig: Selbst durchgeführte Reparaturen am Auto sollten nur erfolgen, wenn man weiß, was man tut. Wenn ihr euch nicht sicher seid, lasst euer Fahrzeug von einer Fachwerkstatt warten und instand setzen. Beim falschen Ausbau einer Antriebswelle können ihre Lager und Manschetten beschädigt werden oder Öl auslaufen. Beim falschen Einbau können die Wellen sich lösen oder ganz abreißen, was bei hohen Geschwindigkeiten sehr gefährlich ist. Klärt nach diesen Einblicken hier ganz genau, worauf es bei eurem Fahrzeug im Detail ankommt.
Vom Getriebe auf die Straße
Antriebswellen übertragen die Kraft des Motors vom Getriebe auf die angetriebenen Räder. Sie sind mit der Radnabe fest verschraubt und stecken, gesichert, entweder im Getriebe oder in einem Differential. Herkömmliche Antriebswellen haben zwei Gelenke, um die Federwege der Räder ausgleichen zu können. Die sind es auch, die irgendwann in die Fritten gehen. Die Fettfüllung der Gelenke ist durch eine Manschette geschützt, und wenn die (meist unbemerkt, weil unter dem Auto) im Alter rissig wird, verteilt sich das Fett am Unterboden und das Lager läuft trocken.
Aber auch ohne kaputte Manschetten können Lager natürlich bei hohen Laufleistungen Spiel bekommen und verschleißen. Der schleichende Tod eines Antriebswellenlagers macht sich meistens durch lautes Klacken beim Lastwechsel oder eben durch Knacken bei engen Kurven, wenn die Lager eingeknickt sind, bemerkbar. In diesem Fall muss entweder das Lager, oder wenn das zu aufwändig ist auch die Welle im Ganzen getauscht werden. Und das ist bei den meisten Fahrzeugen gar nicht so schwierig.
Was brauchen wir für die Arbeiten?
Euer benötigtes Werkzeug hängt nun ganz von eurem Auto und der Art des Antriebs ab. Antriebswellen sind gesteckt und werden entweder durch eine groooße Zentralmutter oder einen Träger am Achsschenkel bzw. der Radnabe gehalten. Getriebeseitig sind sie entweder gesteckt oder verschraubt. Und bevor man sie rausziehen kann muss noch einiges ab, also sind es hier in meinem Fall
- ein Wagenheber
- Unterstellböcke
- ein Radmutterschlüssel
- eine große Stecknuss (36er) mit Verlängerung für die Radnabe
- 16er und 17er Nuss für die Traggelenke und die Spurstangenköpfe
- ein Abzieher
- 8er oder 10er Stecknuss für die Wellenarretierung
- Schlüssel für die Getriebeölschraube
- Bottich zum Öl auffangen
Noch mehr Vorarbeit
Bei der Demontage einer Antriebswelle (je nachdem was für ein Fahrzeug ihr besitzt) ist die Vorarbeit oft aufwändiger als das Ausbauen selbst. In unserem Fall kommt man an alles gut von unten ran, also muss (wenn keine Grube oder Hebebühne vorhanden ist) der Vorderwagen sicher auf Böcke aufgebockt werden. Die sehr fest sitzende Zentralmutter, mit der die Antriebswelle in der Radnabe gehalten wird, lässt sich am besten noch bei auf dem Boden stehenden Fahrzeug mit einem Schlagschrauber oder einem langen Hebel lösen. Anschließend kann man beide Vorderräder entfernen.
Da die Wellen aus dem Getriebe herausgezogen werden, muss in unserem Fall auch das Getriebeöl in einen geeigneten Behälter abgelassen werden. Sonst läuft es später aus den Löchern der Wellen heraus. Ist das Öl noch frisch, könnt ihr es wiederverwenden. Aber ein Tausch auf neues Getriebeöl bietet sich hier gleich an.
Weg, was festhält
Um die gelöste Welle später aus der Radnabe herauszubekommen, muss das Federbein beweglich sein. Das ist es nur, wenn das Traggelenk und eventuell auch der Spurstangenkopf abgeschraubt werden. Die leicht konischen Kugelköpfe lassen sich am besten lösen, wenn sie noch eingepresst sind. Erst wenn die Mutter fast ganz abgeschraubt ist, sollte man mit einem Abzieher/Ausdrücker den Konus aus seinem Lager drücken, weil sonst die Achse sich mitdreht. Hier bietet sich gleich ein Check an, ob die Bauteile vielleicht gleich mit getauscht werden sollten. Gerade Traggelenke altern schnell und sind wichtig für die Stabilität des Federbeins.
Versteckte Schrauben?
Bei sicher aufgebocktem Fahrzeug lässt sich jetzt das „befreite“ Federbein vom Zahnkranz der Antriebswelle ziehen, und sie ist radseitig demontiert. Hierbei solltet ihr darauf achten, dass an der Welle selbst nicht zu viel Zug entsteht, da sich die Lager bei zu viel Gewalt selbst zerlegen können.
Ist die Welle aus dem Federbein raus, kann sie auch getriebe- oder differentialseitig demontiert werden. Hier wird sie entweder von Schrauben gehalten oder ist gesteckt, dann ist sie irgendwo mittig noch durch einen Träger gesichert. Bei meinem Auto passiert das durch zwei Hakenschrauben, die gelöst und gedreht oder ganz entfernt werden müssen. Ist alles frei, kann die Welle mit sanften Hammerschlägen (niemals auf die Lager) herausgezogen werden.
Begutachtung, Reparatur, Einbau
Wenn beide Gelenkwellen ausgebaut vor einem liegen, kann man sie auf Schäden untersuchen und endlich mal entrosten und reinigen. Der Tausch einzelner Lager ist mit großem Aufwand verbunden, weil diese meist aufgepresst werden müssen. Tauscht ihr gleich die ganze Welle, prüft noch einmal ihre Länge und passende Verzahnung und baut sie in der umgekehrten Reihenfolge wieder ein.
Alles wieder an Ort und Stelle
Da ihr durch den Ausbau schon wisst, wie die Antriebswellen gesteckt sind, ist der Einbau normalerweise kein Problem. Achtet darauf, dass die Verzahnung nicht beschädigt wird und „vergesst“ keine Sicherungsschrauben. Wenn alles wieder an seinem Platz sitzt, müssen die Traggelenke und Spurstangenköpfe wieder eingesetzt werden. Habt ihr diese nicht verdreht, muss die Spur anschließend nicht eingestellt werden. Hier und auch bei der finalen Zentralmutter müsst ihr auf das richtige Drehmoment achten. Bei meinem Auto wird die Welle in der Radnabe mit sagenhaften 350NM angezogen!
Nachsorge
Das abgebockte Auto steht bereit für eine erste Probefahrt. Sind keine Geräusche mehr zu hören? Lenkt sich der Wagen wie gewohnt und fährt geradeaus? Dann wart ihr erfolgreich und habt wieder für viele tausend Kilometer Ruhe.
Sandmann