BMW xDrive vs. sDrive – worin unterscheiden sich die beiden Antriebskonzepte?

0
2497
BMW
© GettyImages / James O'Neil

Aus Freude am Fahren. Seit 1972 wirbt BMW weltweit mit diesem einprägsamen Slogan. Heute nutzt der bayerische Automobilhersteller zwei unterschiedliche Antriebskonzepte, xDrive und sDrive, mit denen dieses Ziel erreicht werden soll.

 

sDrive – das klassische Antriebskonzept von BMW

Für viele Jahrzehnte waren BMWs nur mit einem Antriebskonzept erhältlich. Ein vorne längs eingebauter Motor und eine angetriebene Hinterachse sorgten bei BMWs aller Klassen für Fahrdynamik und Fahrspaß. Ursprünglich steht sDrive daher für BMWs mit Hinterradantrieb. Mittlerweile übernahm man die Bezeichnung sDrive auch für die erst vor wenigen Jahren vorgestellten BMW Fahrzeuge mit Frontantrieb.

Über einen Frontantrieb verfügen insbesondere die kleineren Baureihen von BMW. Beispielsweise der 1er BMW von 2020, der 2er Active Tourer oder den BMW X1. Bei diesem Fahrzeug ist der Motor quer eingebaut und treibt über ein Getriebe die Vorderräder an. Bei einigen Fahrzeugen dieser Modellreihen kann aber auch ein Allradantrieb geordert werden. Allerdings übernimmt die Vorderachse den größten Teil der Motorleistung. Wenn die elektronische Regelung einen zu großen Drehzahlunterschied zwischen Vorder- und Hinterachse feststellt, wird der Anteil der Antriebsleistung für die Hinterräder erhöht.

sDrive ist also nur die Bezeichnung für BMWs, bei denen entweder die Hinterachse oder die Vorderachse angetrieben wird. Über die Konfiguration des Antriebs, ob ein Automatikgetriebe oder Sperrdifferenzial verbaut sind, sagt die Bezeichnung nichts aus. BMW ist der einzige Hersteller, der gewissermaßen normal angetriebene Fahrzeuge mit einer separaten Bezeichnung kennzeichnet. Fahrzeuge von BMW mit zwei angetriebenen Achse tragen den Zusatz xDrive.

 

BMW xDrive – der Allradantrieb aus München

Mercedes nennt ihn 4Matic, bei VW heißt er 4Motion, bei Audi Quattro und allgemein einfach 4WD für Four-Wheel Drive oder AWD für All-Wheel-Drive. Die Rede ist vom Allradantrieb für Kraftfahrzeuge. BMW nutzt wie viele Hersteller für seine Allradantriebe eine eigene Bezeichnung und nennt sie xDrive. Durch diesen Zusatz in der Typbezeichnung können allradgetriebene BMWs ganz einfach von den BMWs mit nur einer angetriebenen Achse unterschieden werden. Im Prinzip bewirken alle diese Systeme das Gleiche. Sie sollen auf allen Untergründen, glatten Fahrbahnen und anderen widrigen Umständen für optimalen Vortrieb und Spurstabilität und damit mehr Fahrsicherheit sorgen. Audi gilt zwar seit der Vorstellung des Ur-Quattro im Jahr 1980 als Pionier beim Allradantrieb für PKWs, BMW kann aber mittlerweile ebenfalls auf eine lange Geschichte seiner allradgetriebenen Fahrzeuge zurückblicken.

 

Vom 325i Allrad von 1985 zu den X Modellen 2021

BMW hat seinen Allradantrieb in den vergangenen 35 Jahren konsequent weiterentwickelt. Den Anfang machte 1985 ein 325i mit permanentem Allradantrieb, der auf der Frankfurter Automobilausstellung einem breiten Publikum vorgestellt wurde. Bei diesem ersten allradgetriebenen BMW wurde die Antriebskraft auf die Vorder- und Hinterachse im Verhältnis von 37 : 63 verteilt. Mehrere Viscosperren im Hinterachsgetriebe und im Verteilergetriebe waren Kennzeichen dieses ersten Allradantriebes.

3 Jahre später folgte mit dem BMW 525iX der erste BMW der 5er Reihe mit Allradantrieb. Dieser 5er-BMW wurde mit einem neu entwickelten System mit stufenlos und automatisch regelbaren Lamellenkupplungen ausgestattet. 1999 stellte BMW mit dem X5 das erste sogenannte Sports Activity Vehicle abgekürzt SAV vor. Bei diesem BMW wurde die Antriebskraft über ein Planetengetriebe im Verhältnis von 38 : 62 auf die beiden Achsen verteilt. Erstmals wurde beim BMW X5 für die Steuerung des Allradantriebs auf die Parameter verschiedener elektronischer Regelsysteme des Fahrzeugs zurückgegriffen.

Die ab 2003 produzierten X3 und X5 waren die ersten Fahrzeuge des bayerischen Herstellers, die mit dem innovativen xDrive Antriebskonzept ausgestattet wurden. Heute sind über 90 BMW Modelle mit xDrive entweder als serienmäßige oder optionale Ausstattung erhältlich.

BMW
© GettyImages / Thomas Barwick

xDrive – intelligente Elektronik verteilt die Antriebskraft

Verschiedene Automobilhersteller wie beispielsweise Audi verwenden häufig ein mechanisches Mitteldifferenzial bei ihren Fahrzeugen mit Allradantrieb. Dieses mechanische Differenzial reagiert auf Drehzahlunterschiede zwischen der Vorder- und Hinterachse und leitet die Antriebskraft an die Fahrzeugachse mit dem besseren Grip. Beim BMW X Drive Antriebssystem übernimmt diese Funktion eine elektronisch geregelte Lamellenkupplung.

Die Aufteilung der Antriebskraft Erfolg bei diesem System unter normalen Bedingungen im Verhältnis 40 zu 60. Das heißt, 40 % der Antriebskraft werden an die Vorderräder und 60 % an die Hinterräder geleitet. Je nach Fahrsituation können jedoch bis zu 100 % der Antriebskraft der Vorderachse oder der Hinterachse zugewiesen werden. Zwischenstufen sind natürlich auch möglich. Für eine optimale und bedarfsgerechte Kraftverteilung ist die elektronische Steuerung der Lamellenkupplung mit der Fahrstabilitätsregelung des BMW verbunden.

Die Raddrehzahlen, die Stellung des Gaspedals, die sogenannte Gierrate (Drehbewegung des Fahrzeugs um die Hochachse) und andere Parameter werden in die Berechnung der Kraftverteilung einbezogen. Einer Tendenz des Fahrzeugs zum Über- oder Untersteuern kann auf diese Weise frühzeitig entgegengewirkt werden. Wenn ein BMW mit xDrive beispielsweise beginnt, über die Vorderräder zur Kurvenaußenseite zu schieben, also untersteuert, reagiert die Elektronik. Sie leitet einen größeren Teil der Antriebskraft zu den Hinterrädern und reduziert den Anteil an den Vorderrädern. Die Regelung reagiert dabei in weniger als 100 ms.

 

Welche Vorteile bietet BMW xDrive im Alltag?

Unter normalen Bedingungen einer trockenen, asphaltierten Straße, moderaten Geschwindigkeiten und im Stadtverkehr bietet BMW xDrive keinen Vorteil gegenüber den sDrive Modellen. Er hat sogar einen Nachteil. Durch die zusätzlichen Bauteile ist das Fahrzeuggewicht höher und damit steigt auch der Kraftstoffverbrauch. Im Vergleich zu früheren permanenten Allradantrieben allerdings nur moderat.

Bei ungünstigen Witterungsbedingungen, insbesondere bei verschneiten und teilweise vereisten Fahrbahnen, rutschigem Laub und Fahrbahnbelägen mit unterschiedlicher Haftung, kann ein Allradantrieb seine Vorteile ausspielen. Durch die blitzschnelle Verteilung der Antriebskraft auf die Räder mit dem besten Grip bleibt das Fahrzeug stabil in der Spur und beherrschbar. Aber auch nur bis zu den physikalischen Grenzen. Die Seitenführungskräfte sind bei einem BMW mit xDrive auf glatter Fahrbahn nicht höher als bei einem normalen BMW mit angetriebener Hinterachse.

Bei zügiger Fahrt in engen Kurven erreicht ein allradgetriebener BMW in der Regel höhere Geschwindigkeiten als ein nur von einer Achse angetriebenes Exemplar. Durch die Zuteilung von mehr Kraft auf die kurvenäußeren Räder sind höhere Geschwindigkeiten möglich. Wenn Sie sich im Straßenverkehr an die zulässigen Geschwindigkeiten halten, werden Sie diesen Vorteil allerdings nur auf einer abgesperrten Strecke genießen können. Auch beim Beschleunigen auf glattem Untergrund und Anfahren am Berg auf einer verschneiten Straße ist ein xDrive seinen sDrive Brüdern überlegen.