Trommelbremsen auf Scheibenbremsen umrüsten – Ratgeber und Entscheidungshilfe
Julian
Für die Verkehrssicherheit von Kraftfahrzeugen sind zuverlässige Bremsen unerlässlich. Ob Trommelbremsen oder Scheibenbremsen für den Straßenverkehr die bessere Wahl sind, wird seit Jahren lebhaft diskutiert.
Die Trommelbremse ist das „Urgestein“ der Kfz-Bremsentechnik
Um 1900 herum legten die bekannten Autopioniere Louis Renault und Wilhelm Maybach den Grundstein für die heutigen Trommelbremsen. Zu diesem Zweck verlegte Louis Renault einfach die Bremsbacken (lagen zuvor außen) in eine Trommel. In dieser waren die Bremsbacken zum einen vor äußeren Einflüssen sicher und konnten zum anderen ihre Bremswirkung optimal entfalten. Bis zum heutigen Tag werden die Trommelbremsen in einer weiterentwickelten Form in Fahrzeugen eingesetzt. Eine moderne Trommelbremse besteht aus einer Bremstrommel, die fest mit dem Rad verbunden ist und den Rad-Drehungen folgt.
Bis zum Ende der 70er Jahre war die Trommelbremse noch der Standard an den meisten Fahrzeugen. Bei Fahrzeugboliden mit einem riesigen Hubraum traten in diesem Zusammenhang aber immer mehr Probleme mit Unfallfolgen auf. Die Trommelbremsen waren in vielen Fällen zum einen konstruktiv ungeeignet und zum anderen im Hinblick auf den Hubraum vollkommen unterdimensioniert. Um die Probleme zu beheben wechselten in den folgenden Jahren mehr und mehr Fahrzeughersteller auf Scheibenbremsen.
In der heutigen Zeit kommen sowohl Trommelbremsen als auch Scheibenbremsen zum Einsatz und Experten diskutieren heftig darüber, welches Bremssystem das bessere ist. An den Vorderrädern werden in der Regel Scheibenbremsen verwendet, denn diese bieten in jeder Fahrsituation eine vollkommen gleichmäßige Bremsleistung. An den Hinterrädern verwenden aber immer noch viele Fahrzeughersteller Trommelbremsen. In den meisten Fällen geschieht dies aus Kostengründen, denn die Bremsen lassen sich einfach und preiswert mit einer Feststellbremse (Handbremse) kombinieren.
Trommelbremse – Aufbau und Funktion
Eine Trommelbremse besteht hauptsächlich aus einer sich drehenden Trommel. Im Inneren befinden sich 2 festverankerte Bremsbacken. Sobald Sie die Bremse Ihres Fahrzeugs betätigen, werden die beiden Bremsbacken fest an die Innenseite der Trommel gepresst. Dadurch entsteht eine starke Reibung und das Rad kommt langsam zum Stehen. Lösen Sie das Bremspedal anschließend, sorgen spezielle Federn dafür, dass die beiden Bremsbacken in die ursprüngliche Position zurückkehren. Neben den klassischen Simplex-Trommelbremsen haben sich auf dem Markt spezielle Duplex-Trommelbremsen etabliert. Bei dieser beliebten Variante besitzt jede Bremsbacke eine eigene Betätigungseinrichtung an der Seite. Dadurch sind die beiden Bremsbacken auflaufend und verstärken sich von alleine. Im direkten Vergleich zu den Simplex-Bremsen ist die Bremswirkung um rund 50 Prozent höher. Aufgrund der aufwendigen Herstellung und des größeren Wartungsaufwands setzen trotzdem viele Hersteller auf die günstigen Simplex-Trommelbremsen.
Scheibenbremse – Aufbau und Funktion
Die Scheibenbremse besteht aus einer Bremsscheibe, die mit der Radnabe verbunden ist und aus einem Bremsträger. An diesem ist der Bremssattel (Bremszange) befestigt. Der Sattel umfasst die gesamte Bremsscheibe und enthält sowohl die Bremsbeläge als auch die Bremskolben. Letztere drücken die Bremsbeläge in axialer Richtung direkt gegen die Bremsscheibe. In der Regel wird die Bremsscheibe direkt an einer Radnabe angebracht, bei manchen Modellen kann sie aber auch am Differenzial angebracht werden. Eine Scheibenbremse wird nur zum Bremsen verwendet und deshalb kann der verwendete Werkstoff optimal auf die jeweiligen Brems-Anforderungen ausgelegt werden. Der Durchmesser der Bremsscheibe bestimmt maßgeblich das Bremsmoment und die Bremsleistung. Bei leistungsstarken Fahrzeugen begrenzt der Raddurchmesser den maximalen Innendurchmesser der Felgen und somit auch den Durchmesser der Bremsscheibe. Damit die Scheiben so groß wie möglich sein können, kommen möglichst große Fahrzeugfelgen zum Einsatz.
Trommelbremsen und Scheibenbremsen im Vergleich – Vor- und Nachteile
Die Trommelbremse kann die entstehende Reibungswärme auf keinen Fall zuverlässig abführen. Aus diesem Grund kann es vor allem bei Vollbremsungen oder längeren Bremsvorgängen mit hohen Geschwindigkeiten zu einer Überhitzung in der Trommel kommen. Durch den entstehenden Wärmestau wird die Reibekraft zwischen den Bremsbacken und der Innenwand der Trommel deutlich gesenkt. Dadurch verliert die Trommelbremse etwa 50 bis 100 Prozent an Bremswirkung. Ein weiteres Problem: Das gekapseltes System lässt sich nur sehr schwer von außen überwachen. Niemand kann somit genau sagen, wie es im Inneren der Bremse aussieht. Läuft gerade ein Zylinder aus oder löst sich eine der beiden Bremsbacken auf? Ist vielleicht eine Rückstellfeder gebrochen oder erstickt die Bremse in ihrem eigenen Abrieb? All diese wichtigen Fragen können Sie nur beantworten, indem Sie das Rad von Ihrem Fahrzeug demontieren und die Bremstrommel öffnen.
Trotz dieser beiden großen Probleme bzw. Nachteile erfreuen sich Trommelbremsen noch immer an Beliebtheit, denn sie sind günstiger als Scheibenbremsen.
Die Scheibenbremse besitzt im Vergleich zur Trommelbremse eine deutlich überlegener Technik und bietet einige Vorteile. Sie kann wesentlich stärkere Bremskräfte aufnehmen, ohne dabei zu überhitzen. Die Bremse kühlt und reinigt sich automatisch. Sollte die Scheibenbremse verschleißen oder einen Defekt haben, können Sie dies sofort erkennen und müssen das Rad nicht erst umständlich entfernen. Vom Aufbau und der Konstruktionsweise her sind die Scheibenbremsen aufwendiger und auch schwerer als die Trommelbremsen. Zusätzlich sind die Scheibenbremsen empfindlicher und nicht so effektiv vor kursiven Einflüssen, wie Wasser und Streusalz geschützt.
Unter dem Strich kostet eine Scheibenbremse deutlich mehr Geld als eine Trommelbremse. Dies ist auch der Hauptgrund, weshalb die Umrüstung von Trommelbremsen auf die modernen Scheibenbremsen nur Schritt für Schritt durchgeführt wurde.
Ist ein Wechsel auf Scheibenbremsen sinnvoll?
Fast 25 Jahre lang verwendeten die meisten Fahrzeuge eine Kombination aus Scheibenbremsen und Trommelbremsen. Seit Mitte der 90er Jahre wurden immer mehr Mittelklassefahrzeuge und einige Kleinwagen vollständig auf Scheibenbremsen umgestellt. Sportlich orientierte Modelle und Marken hielten sogar noch wesentlich länger an den betagten Trommelbremsen fest. Obwohl die Trommelbremse ohne Zweifel ein veraltetes Stück Fahrzeugtechnik ist, ist ein Wechsel oder ein Umbau nur in wenigen Fällen sinnvoll. Ab Werk wird die Bremsanlage bei jedem Fahrzeug optimal auf die jeweiligen Fahrzeugeigenschaften ausgelegt. Kommt bei Ihrem Fahrzeug die bewährte Kombination aus Trommelbremsen hinten und Scheibenbremsen vorne zum Einsatz, ist dies auch heute noch vollkommen ausreichend.
Der Wechsel von Trommelbremsen auf Scheibenbremsen erfordert einen massiven Eingriff in die ab Werk vorgesehene Bremsanlage des Fahrzeugs. Da die Prüfer dies bei der Hauptuntersuchung überhaupt nicht gern sehen, sollten Sie vor dem Umbau auf jeden Fall Rücksprache mit einer Prüfstelle halten. Zudem stellt der Wechsel eine große und arbeitsintensive Investition dar und sollte nicht so ohne Weiteres durchgeführt werden. Haben Sie alle wichtigen Punkte abgeklärt und möchten immer noch einen Wechsel durchführen, benötigen Sie in jedem Fall optimal passende Bauteile. Besitzen Sie ein Fahrzeug mit einer Scheiben-Trommel-Kombination sollten Sie nach der Hinterachse eines identischen Fahrzeugtyps suchen, der bereits Scheibenbremsen besitzt. In einem solchen Fall können Sie den Umbau mit optimal passenden Bauteilen durchführen. Alternativ finden Sie innerhalb der gesamten Bandbreite aller zugelassenen Bauteile etwas Passendes.