Untersteuern – was tun, wenn das Auto weiter geradeaus fährt?

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Untersteuern
© GettyImages / peepo

Untersteuern ist eine Fahrsituation, in die auch vorsichtige Autofahrer geraten können. Was Untersteuern genau ist, wodurch es ausgelöst wird und wie Sie richtig reagieren, erfahren Sie in diesem Ratgeber.

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Was versteht man unter Untersteuern?

Als Untersteuern wird eine Fahrsituation bezeichnet, bei der das Fahrzeug nicht der vom Fahrer durch eine Lenkbewegung gewünschten Fahrtrichtung folgt, sondern mehr oder weniger weiter geradeaus fährt. Beim Untersteuern schiebt das Fahrzeug über die Vorderräder in Richtung des Kurvenäußern. Es steuert weniger als gewünscht. Daher die Bezeichnung Untersteuern.

 

Der Begriff Untersteuern wird in der Fahrdynamik verwendet, um ein Eigenlenkverhalten eines Fahrzeuges zu beschreiben. Eigenlenkverhalten bedeutet, dass das Fahrzeug nicht in die Richtung fährt, in die es der Fahrer lenkt. In der Fachsprache von Fahrzeugtechnikern und KFZ-Ingenieuren bedeutet Untersteuern, dass der sogenannte Schräglaufwinkel der Vorderräder größer ist als der Schräglaufwinkel der Hinterräder.

 

Was bedeutet Übersteuern?

Übersteuern ist ein dem Untersteuern entgegengesetztes Eigenlenkverhalten eines Fahrzeuges. Beim Übersteuern bricht das Heck eines Fahrzeugs bei einer Kurvenfahrt aus. Das Fahrzeug versucht gewissermaßen eine engere Kurve zu fahren, als der Fahrer vorgibt. Beim Übersteuern ist der Schräglaufwinkel der Hinterräder größer als der Schräglaufwinkel der Vorderräder. Das Heck des Fahrzeugs rutscht über die Hinterräder in Richtung Kurvenaußenseite.

Untersteuern
© GettyImages / Bernhard Lang

Wie kommt es zum Untersteuern?

Wenn Sie mit Ihrem Auto durch eine Kurve fahren, wird Ihr Auto von der Fliehkraft nach außen gezogen. Dieser Fliehkraft stehen die Seitenführungskräfte der Räder gegenüber. Wie groß diese Seitenführungskräfte sind, ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Die Seitenführungskräfte sind unter anderem von der Fahrbahnbeschaffenheit, dem Reifenprofil und der Gummimischung der Reifen abhängig.

 

Für die Höhe der Seitenführungskräfte spielt auch der bereits erwähnte Schräglaufwinkel der Räder eine Rolle. Als Schräglaufwinkel wird der Winkel zwischen Lenkanschlag und Bewegungsrichtung des Fahrzeugs bezeichnet. Ein gewisser Schräglaufwinkel ist erforderlich, damit Seitenführungskräfte aufgebaut werden können.

 

Wenn sie mit Ihrem Auto geradeaus fahren, dann sind der Schräglaufwinkel und die Seitenführungskräfte gleich null. Die maximalen Seitenführungskräfte werden bei einem Schräglaufwinkel von etwa 8 bis 12 Grad erreicht. Danach fallen sie wieder ab. Dies können Sie daran merken, dass die Lenkung bei einem größeren Lenkeinschlag leichtgängiger wird.

 

Die Fliehkraft wächst mit der Geschwindigkeit. Ab einer bestimmten Geschwindigkeit ist die Fliehkraft größer als die Summe der Seitenführungskräfte der Reifen. An diesem Punkt beginnen die Reifen über die Fahrbahn zu rutschen. Die dabei entstehende Gleitreibung ist zusätzlich geringer als die Haftreibung, wenn ein Reifen über die Fahrbahn rollt. Umso glatter die Fahrbahn ist und je größer der Lenkeinschlag und die Geschwindigkeit sind, umso eher neigt ein Fahrzeug zum Untersteuern.

 

Besonders kritisch und bei Autofahrern unbeliebt sind sogenannte Hundekurven. Eine Hundekurve ist eine Kurve, deren Radius im Verlauf progressiv enger wird. Das heißt, am Kurveneingang ist der Radius noch relativ groß und am Kurvenausgang deutlich kleiner. Wenn Sie in eine Hundekurve mit einer Geschwindigkeit einfahren, bei der Ihr Fahrzeug gerade noch so in der Spur bleibt, genügt schon ein kleiner weiterer Lenkeinschlag im Verlauf der Kurve, um ein Untersteuern auszulösen.

 

Was tun, wenn das Fahrzeug untersteuert?

Zunächst sollten Sie versuchen, Ruhe zu bewahren. Wenn Sie bemerken, dass Ihr Auto über die Vorderräder schiebt, sollten Sie auf keinen Fall Gasgeben oder das Lenkrad weiter einschlagen. Wenn sie Gas geben, verlagert sich die Gewichtskraft mehr in Richtung Hinterachse. Das heißt, die Vorderräder werden etwas entlasten, wodurch die Reibung zwischen Rädern und Fahrbahn noch weiter reduziert wird. Noch stärker Lenken, um das Fahrzeug in die Kurve zu zwingen, ist ebenfalls nicht sinnvoll, wenn Ihr Auto untersteuert.

 

Sobald Sie bemerken, dass Ihr Fahrzeug untersteuert, sollten Sie die Geschwindigkeit und den Lenkeinschlag reduzieren. Gehen Sie vom Gas. Etwas weniger Gasgeben und eine kleine Verringerung des Lenkeinschlags reichen oft schon aus, um das Fahrzeug wieder in die Spur zu bringen. Gegebenenfalls sollten sie auch Auskuppeln oder den Wählhebel der Automatik auf „N“ stellen, damit keine Antriebskräfte mehr auf die Räder wirken. Wenn Sie nicht viel zu schnell unterwegs sind, gewinnen die Vorderräder so schnell wieder Haftung. Ihr Auto ist wieder lenkbar und fährt in die gewünschte Richtung.

 

Welche Fahrzeuge neigen zum Untersteuern?

In der Regel neigen Fahrzeuge mit Vorderradantrieb zum Untersteuern und Fahrzeuge mit einem Heckantrieb zum Übersteuern. Der Grund hierfür sind jeweils die Antriebskräfte des Motors. Zwar liegt auch bei einem Fahrzeug mit Frontantrieb der schwere Motor auf der Vorderachse, die Antriebskräfte sorgen jedoch dafür, dass sie Seitenführungskräfte schneller überschritten als bei nicht angetriebenen Vorderrädern. Bei einem heckgetriebenen Fahrzeug ist es ebenfalls so, dass durch die Antriebskräfte die Seitenführungskräfte relativ schnell aufgehoben werden können, sodass das Fahrzeugheck ausbricht. Kommt dann noch ein schwerer Motor hinzu, dann ist der Effekt umso größer. Insbesondere Fahrzeug mit Heckmotor und Heckantrieb haben den Ruf, sogenannte „Heckschleudern“ zu sein. Das bekannteste Beispiel hierfür ist wohl der Porsche 911.

Auto auf der Straße
© GettyImages / Bernhard Lang

Was ist besser Übersteuern oder Untersteuern?

Für normale Autofahrer sind Fahrzeuge, die Untersteuern einfacher zu beherrschen. Meist genügt es, das Glaspedal kurz anzuheben, damit die Vorderräder wieder greifen und das Fahrzeug in der Spur bleibt. Beim Übersteuern sind schnelle und beherzte Reaktionen erforderlich, um das Fahrzeug auf der Straße zu halten. Die meisten PKW, auch Fahrzeuge mit Heckantrieb, werden daher so abgestimmt, dass sie eher Unter- als Übersteuern.

 

Im Rallyesport wird das Ausbrechen der Hecks für schnelleres Vorankommen genutzt. Bei Rennen auf glatten und wenig griffigen Fahrbahnen können Kurven schneller durchfahren werden, wenn das Fahrzeug driftet, das heißt, das Heck kontrolliert ausbricht. Diese fordert jedoch großes Fahrkönnen. Beim Driften wird das Fahrzeug im Prinzip nur mit dem Gaspedal gelenkt.

 

Wie kann man Untersteuern vorbeugen?

Die einfachste Möglichkeit, das Untersteuern des Autos zu verhindern, ist eine vorausschauende und an die Witterung angepasste Fahrweise. Bei nasser, verschneiter, vereister oder mit nassem Laub bedeckter Fahrbahn neigen Autos schneller zum Unter- und Übersteuern als auf einer trockenen Fahrbahn. Ebenfalls wichtig sind ein intaktes Fahrwerk und der richtige Reifendruck. Durch defekte Stoßdämpfer reduziert sich die Bodenhaftung der Reifen. Dadurch werden Unter- und auch Übersteuern erleichtert. Ein zu geringer Luftdruck in den Vorderreifen kann das Untersteuern ebenfalls begünstigen. Prüfen Sie daher regelmäßig den Reifendruck.

 

Nicht zuletzt sollten Sie immer mit für die Jahreszeit geeigneten Reifen fahren. Winterreifen enthalten einen höheren Naturkautschukanteil. Sie sind dadurch bei niedrigen Temperaturen elastischer und können sich besser in den Fahrbahnbelag krallen, sodass höhere Seitenführungskräfte möglich sind. Bei sommerlichen Temperaturen sind die Reibungswerte von Winterreifen dagegen schlechter als von Sommerreifen. Sommerreifen werden aber bei niedrigen Temperaturen hart und unelastisch. Die Fähigkeit des Profils, sich mit dem Asphalt zu verkeilen, ist bei niedrigen Temperaturen deutlich herabgesetzt.

 

ESP verhindert Über- und Untersteuern

Bei Fahrzeugen mit elektronischem Stabilitäts Programm, dem ESP, sorgt eine elektronische Regelung dafür, dass Untersteuern und Übersteuern verhindert werden. Zumindest in den meisten Fällen. Die Regelelektronik misst mithilfe verschiedener Sensoren rund 25-mal in jeder Sekunde, ob Ihr Auto wirklich in die Richtung fährt, in die Sie es lenken. Wenn die gemessenen Werte von den Sollwerten abweichen, greift die Elektronik ein. Zunächst wird das Motormoment reduziert. Sollte dies nicht reichen, dann können ESP-Systeme einzelne Räder abbremsen, um so die Seitenführungskräfte wieder zu erhöhen. Dadurch wird Ihr Fahrzeug in der Spur gehalten.